„Ich möchte dich kennen, ich möchte deine Ideen kennen. Ich möchte deine Träume kennen. Vielleicht hast du sogar Träume?“
Zentrale Anlaufstelle im Heim ist die Sozialarbeiterin Rose Dittfurth. Die kleine energetische Frau mit dem Herz auf der Zunge ist die erste Ansprechperson eines jeden Neuankömmlings und engagierte Wegbegleiterin in die deutsche Gesellschaft. Damit ihre Sch¸tzlinge hier in
Deutschland Fuß fassen können, geht die
umtriebige Rose auch gern mal unkonventionelle Pfade. Im Gegensatz zu den meisten Behördenvertretern, mit denen die Fl¸chtlinge sonst zu tun haben, agiert sie pragmatisch und folgt ihrem Bauchgef¸hl. Sie begegnet den Protagonisten aber auch mit einer guten Portion Realismus, der sie keinesfalls schont oder in Watte packt. F¸r sie und die anderen Heimbewohner ist Rose der „Schl¸ssel“ zum Verständnis der Deutschen sowie der emotionale Anker während der Höhen und Tiefen ihrer Odysseen.
INTERVIEW MIT ROSE DITTFURTH
Welche Wirkung hatte der fertige Film auf dich?
Der Film gibt in tragisch-komischer Weise einen Ausblick auf vorhandene und fehlende Integrations- perspektiven von Migranten in Deutschland.
Warum sollten sich die Leute diesen Film ansehen?
Die Verständigung zwischen Kulturen, Religionen und Weltanschauungen kann gelingen, wenn Medien ausgewogen und kritisch berichten. Das Eigene und das Fremde m¸ssen mehr in den Mittelpunkt der Menschen ger¸ckt werden. Soweit es um Migranten und Fl¸chtlinge geht, möchte ich behaupten, dass keine konkrete Integrationspolitik in Europa vorliegt. Die Probleme, mit denen Migranten, insbesondere Fl¸chtlinge, zu kämpfen haben, gehen jedoch alle an. Man kann nicht Migranten- und Fl¸chtlingsarbeit getrennt von allgemeiner Sozialpolitik und Gemeinwesen sehen. Die Folgen fehlender Perspektiven von Migranten in Deutschland werden alle, die in dieser Gesellschaft leben, tragen.
Was hat dich dazu bewogen, beim Film mitzumachen?
Im Hinblick auf meine Arbeit: Erfolge in der Migrationsarbeit möglich zu machen. Im Hinblick auf meine Person: nie m¸de werden, eine Herausforderung zu suchen und einen Zugewinn im Leben möglich zu machen.
Was denkst du ¸ber die Wahl der Protagonisten?
Differenzierte Fl¸chtlingsschicksale m¸ssen aus den Menschen heraus erzählt werden. Die Auswahl der Charaktere aller Darsteller, von liebenswert, sympathisch bis naiv, ist gewagt konträr, aber auch harmonisch. Jeder Zuschauer kann sich gut auf die unterschiedlichen Charaktere der Darsteller einlassen. Die besondere
Kameraf¸hrung setzt die Emotionen der Protagonisten bei der Bewältigung ihrer Alltagsprobleme
optimal in Szene. Jeder Protagonist hat so ausnahmslos die Sympathie der Zuschauer.
Was liebst du an deiner Arbeit?
„Ein Mensch ist erfolgreich, wenn er zwischen Aufstehen und Schlafengehen das tut, was ihm gefällt“ sagt Bob Dylan.
Mit dem Job verhält es sich wie mit der Liebe
oder einer langjährigen Beziehung: Power,
Motivation, Begeisterung, Herausforderung und Spaß d¸rfen nicht verloren gehen. All das habe ich bei dieser Tätigkeit. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass es die einzige Tätigkeit ist, wo man aus R¸ckschlägen oft mehr lernt als aus Erfolgen. Das treibt mich an, Erfolge im Fachbereich Migration möglich zu machen.
Wie schafft man es, bei dieser Arbeit das Berufliche vom Privaten zu trennen?
Bei dieser Tätigkeit darfst du dich selbst nicht so wichtig nehmen und dich nicht unter Druck setzen. In diesem Beruf fällt es schwer, selber die eigene Grenze zu sehen, damit es einem gut geht, weil ich viele „Fremd-Gef¸hle“ von Menschen unterschiedlicher Nationalität aufsauge. Ich habe schon am Anfang des Jobs gemerkt, dass ich Privates und Berufliches gut trennen muss, um ausgeglichen zu bleiben. Es ist eigentlich einfach, ich freue mich auf Zuhause und dass ich abschalten kann. Also, wenn ich Stress auf der Arbeit hatte und nach Hause komme, freue ich mich einfach die T¸r zu öffnen und Zeit f¸r mich zu haben.
Was belastet dich am meisten bei deiner Arbeit?
Schicksale hautnahe zu erleben, der psychische Zustand eines Fl¸chtlings im Asylverfahren, begrenzte Handlungsmöglichkeiten zu haben und der alltägliche Rassismus.
Wie könnte man die Situation f¸r Asylbewerber deiner Meinung nach verbessern?
Neuansätze und Neuausrichtung der europäischen Asyl- und Fl¸chtlingspolitik. Gleiche
Chancen f¸r Schutz- und Asylsuchende,
sowie f¸r Geduldete.
Was könnte der deutsche Normalb¸rger tun, um das Ankommen der Fl¸chtlinge hier zu
erleichtern?
Deutschland ist bei Ausländern nicht gerade f¸r seine „Willkommenskultur“ bekannt. Viele
Deutsche m¸ssen ihre integrationsfeindliche
Haltung aufgeben und akzeptieren, dass eine
Willkommenskultur f¸r Ausländer keine
Vorzugsbehandlung ist. Bei dieser „neuen praxisnahen Willkommenskultur“ ist das Engagement meiner deutschen Mitb¸rger begr¸ßenswert. Soll heißen, jeder Mitb¸rger ist in der Lage,
entsprechend der Bed¸rfnisse der Fl¸chtlinge solidarisch zu handeln. |